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29.10.2021

Neue Forschungsfahrzeuge für das Adrive Living Lab

Autohaus Fink übergibt zwei Wagen von BMW für Forschungszwecke

(v. l. n. r.) Marko Fink, Prof. Dr. Wolfgang Hauke, Andrea Brunner, Prof. Bernhard Schick, Rainer Fink und Prof. Dr. Rolf Jung. Bildnachweis: Hochschule Kempten

Die Fahrzeugentwicklung wird zunehmend in der Simulation durchgeführt. Ein sogenannter Digital Twin auf einem Fahrsimulator bildet die Brücke zwischen Simulation und dem Test im Realfahrzeug. Das Adrive Living Lab der Hochschule Kempten erhält hierfür zwei neue Forschungsfahrzeuge in Kooperation mit dem Kemptner Autohaus Fink. Der BMW 530d xDrive dient dabei als Forschungsfahrzeug auf der realen Straße, das zweite Fahrzeug wird zu seinem digitalen Zwilling auf dem Fahrsimulator.

Die beiden Fahrzeugschlüssel wurden vor Kurzem von Marco Fink, Geschäftsführer Autohaus Fink und Andrea Brunner, Gebietsleiterin der BMW AG an Prof. Bernhard Schick und sein Team vom Adrive Living Lab überreicht. Die neuen Forschungsfahrzeuge, deren Ausstattung nahezu identisch ist, kommen für das Adrive Living Lab – einer von vier Forschungsgruppen im Institut für Fahrerassistenz und vernetzte Mobilität (IFM) in Benningen – zur richtigen Zeit. Entwicklungen und Tests rund um das Fahrzeug – wie beispielsweise Fahrerassistenzsysteme oder automatisiertes Fahren – werden zunehmend in die virtuelle Welt verlegt.
Ein wichtiger Baustein, um die neue Technologie und Entwicklungen für Menschen erlebbar zu machen ist der Fahrsimulator: In ihm werden die realen Bewegungen eines Fahrzeugs mittels einer hochdynamischen Plattform nachgebildet. Zusätzlich wird die visuelle Wahrnehmung der Umgebung wie Straße, Verkehr, Randbebauung und Landschaft über eine große Projektion digital simuliert. Das digitale Kartenmaterial ist dabei so genau, dass ein reales Fahrgefühl erreicht wird – jede Bodenwelle und jedes Schlagloch sind nachgebildet und damit am eigenen Leib spürbar. Damit lassen sich Technologiestudien, Fahrzeugtests und Fahrzeugabstimmungen bereits in der frühen Entwicklungsphase erlebbar durchführen. „Wir müssen dabei wirklich sehr genau arbeiten. Denn der Mensch ist sehr sensibel, wenn es darum geht, die Simulation – auch ‚Digital Twin‘ genannt – mit einem realen Fahrzeug zu vergleichen“, erklärt IFM-Leiter Prof. Bernhard Schick. Einen solchen dynamischen Fahrsimulator benutzen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Adrive Living Lab seit März 2020. Um der Realität näher zu kommen, soll die originale Fahrzeugkarosserie des 5er BMW auf dem Simulator verwendet werden. So sind Digital Twin und Realfahrzeug nahezu identisch und direkt vergleichbar.

Das Forscherteam bereitet den 540i xDrive speziell für den Aufbau auf den Fahrsimulator auf. „Wir werden das Fahrzeug unter anderem hinter dem Fahrersitz abschneiden und eine Schnellwechselaufnahme am Unterboden einschweißen, die zur Befestigung auf dem Simulator dient. Außerdem erhält das Fahrzeug neue Türen, Scheiben, Kotflügel und Motorhaube aus Leichtbaumaterial. So reduzieren wir das Gewicht. Des Weiteren werden wir das Auto matt lackieren, um Reflektionen durch die Projektion zu verhindern“, führt Tristan Schwandke, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Adrive Living Lab, aus.
Mit dem Fahrsimulator kann das Forschungsteam bereits in der sehr frühen Phase neue Technologien und Fahrzeugentwicklungen bewerten, Tests und Abstimmungen durchführen, aber auch sicherheitsrelevante Untersuchungen wie die Beherrschbarkeit im Schadens- und Fehlerfall werden einfacher. So können mit dem Simulator identische Fahrmanöver beliebig oft durchgeführt werden – die Rahmenbedingungen können dabei gleichbleiben.

Die Schenkung der Fahrzeuge ist für beide Seiten eine echte Win-Win-Situation: „Der 540i xDrive wurde als Entwicklungsfahrzeug in unserem Hause verwendet. Uns hat es sehr gefreut, dem Wagen eine neue Aufgabe im Auftrag der Forschung zu geben. BMW hat in München ein neues Fahrsimulationszentrum errichtet. Hier versprechen wir uns Synergien in der Forschung und Entwicklung. Im Adrive Living Lab ist er in besten Händen“, so Andrea Brunner, Gebietsleiterin der BMW AG.

Ähnlich sieht es Prof. Schick: „Wir sind sehr dankbar für die beiden Forschungsfahrzeuge. Das ermöglicht den ständigen Abgleich vom Test auf der Straße zum Simulator. Dies bringt uns in der anwendungszentrierten Forschung unserem Ziel ein großes Stück näher. Wir möchten Ideen auf dem schnellsten Weg vom Workshop ins Auto bringen. Besonders freut uns die enge Zusammenarbeit von Forschung und Industrie.“

Der Umzug des Fahrsimulators von Kempten an den neuen Standort des Instituts für Fahrerassistenz und vernetzte Mobilität auf dem Testgelände der FAKT-motion GmbH im Gewerbepark „Allgäu Airport“ in Benningen ist vor wenigen Wochen erfolgreich beendet worden.

Zum Institut für Fahrerassistenz und vernetzte Mobilität (IFM) und dem Adrive Living Lab der Hochschule Kempten
Das Adrive Living Lab ist eine Forschungsgruppe des Instituts für Fahrerassistenzsysteme und vernetzte Mobilität (IFM) und gehört zum Forschungszentrum Allgäu der Hochschule Kempten. Die anwenderzentrierte Forschung ist die Kernphilosophie des Adrive Living Lab. Dabei transferiert das Adrive Living Lab Ideen auf dem schnellsten Weg vom Workshop ins Auto. Forschung, Industrie und Lehre arbeiten eng miteinander zusammen. Der Mensch als Nutzer steht hier stets im Mittelpunkt. Seit Ende 2020 verfügt das IFM über größere und moderne Räumlichkeiten auf dem Prüf- und Testgelände der FAKT-motion GmbH in Benningen. Der direkte Zugang zu den hiesigen Teststrecken bietet ein einzigartiges Forschungsumfeld. Zudem sind zahlreiche Autobahn-, Landstraßen- und Stadtstrecken aus dem dortigen Umland detailliert für die Simulation und den Fahrversuch digitalisiert. In unmittelbarer Nähe zum Allgäu Airport und weiteren Unternehmen aus der Automotive Branche liegt das IFM nun im Herzen eines florierenden Wirtschaftsstandorts.

 

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