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Aushandlungsprozesse bei der Pflegeübernahme

GABA - Geschwister in der Angehörigenpflege: Beratungsbedarfe und Aushandlungsprozesse bei der Übernahme der Pflege ihrer Eltern.
Eine empirische Studie zum Doing Family

Laufzeit: 2023 - 2026

 

Hintergrund

Ein Großteil der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland wird im häuslichen Umfeld von Angehörigen gepflegt, zumeist von Ehepartner:innen oder erwachsenen (Schwieger-)Kindern. Trotz einer zunehmenden Beteiligung von Söhnen an der Pflege sind es über alle Altersgruppen hinweg weiterhin vorwiegend Frauen, die die Pflege von Angehörigen übernehmen (Ehrlich und Kelle, 2019; Hielscher et al., 2017; Auth und Dierkes, 2015).

Die Übernahme von Pflegeverantwortung kann sich über Jahre erstrecken und mit physischen und psychischen sowie finanziellen Belastungen einhergehen (Hielscher et al., 2017; Klie, 2022). Während sich zahlreiche empirische Studien mit den Motiven der Pflegeübernahme beschäftigen, ist bislang wenig darüber bekannt, wie der Prozess der Sorgeübernahme verläuft und wie die Aushandlungen zwischen Familienmitgliedern im Allgemeinen und zwischen Geschwistern im Besonderen verlaufen.

Das Forschungsprojekt greift dieses Desiderat auf und untersucht, wie erwachsene Geschwister untereinander aushandeln und begründen, wer die häusliche Pflege der Eltern übernimmt und welches der Kinder sich verantwortlich fühlt, wenn die Eltern zunehmend Unterstützung benötigen. Es wird betrachtet, welche Themen und Begründungen innerhalb der Aushandlungen als bedeutsam wahrgenommen werden und wie sich dieser Prozess ausgestaltet.

Dazu werden narrativ-biographische Interviews mit pflegenden Angehörigen geführt, die ihre Eltern unterstützen und Geschwister haben. Die Interviews werden mit der dokumentarischen Methode ausgewertet (Schütze, 1983; Nohl, 2005; Bohnsack et al., 2013).

Wird die Übernahme von Pflege als eine Entwicklungsaufgabe von Familien verstanden, deren erfolgreiche Bewältigung es zu gestalten gilt (Gröning et al., 2015; Lebeda, 2020), kommt der Beratung von Angehörigen in diesem Prozess eine zentrale Bedeutung zu. In einem zweiten Forschungsstrang wird daher der Frage nachgegangen, inwiefern diese Aushandlungen bzw. die Aufteilung der Pflege unter Geschwistern in formellen und informellen Beratungskontexten thematisiert werden und welche Potenziale und Bedarfe pädagogische Fachkräfte unterschiedlicher Disziplinen diesbezüglich sehen. Dazu werden Expert:inneninterviews mit Fachkräften, die pflegende Angehörige beraten, durchgeführt und inhaltsanalytisch ausgewertet (Kuckartz, 2018; Lamnek, 2016).

Literatur

Auth, D. / Dierkes, M. (2015): Söhne in der Angehörigenpflege – Charakteristika, Ressourcen und Unterstützungsbedarfe im betrieblichen Kontext. In: Uta Meier-Gräwe (Hg.): Die Arbeit des Alltags. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, S. 201–224.

Bohnsack, R. / Nentwig-Gesemann, I. / Nohl, A-M. (Hg.) (2013): Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Ehrlich, U. / Kelle, N. (2019): Pflegende Angehörige in Deutschland: Wer pflegt, wo, für wen und wie? In: Zeitschrift für Sozialreform 65 (2), S. 175–203.

Gröning, K. / Sander, B. / von Kamen, R. (Hg.) (2015): Familiensensibles Entlassungsmanagement. Was Krankenhäuser für die Sicherstellung der häuslichen Pflege tun können. Festschrift zu zehn Jahren Modellprogramm ‚Familiale Pflege unter den Bedingungen der DRG‘. 1. Auflage. s.l.: Mabuse-Verlag.

Hielscher, V. / Kirchen-Peters, S. / Nock, L. (2017): Pflege in den eigenen vier Wänden. Zeitaufwand und Kosten: Pflegebedürftige und ihre Angehörigen geben Auskunft. Unter Mitarbeit von Max Ischebeck. Hg. v. Hans-Böckler-Stiftung. Düsseldorf (Study, 363).

Klie, T. (2022): Das Rückgrat der Langzeitpflege ist die häusliche Pflege. Befunde, Analysen und Handlungsbedarf. Der DAK-Pflegereport 2022 – Zusammenfassung. In: Andreas Strom (Hg.): Pflegereport. Häusliche Pflege - das Rückgrat der Pflege in Deutschland Analysen, Befunde, Perspektiven (Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung, 41), S. 1–30.

Kuckartz, U. (2018): Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. 4. Auflage. Weinheim, Basel: Beltz Juventa (Grundlagentexte Methoden).

Lamnek, S. (2016): Qualitative Sozialforschung. Mit Online-Materialien. 6. Auflage. Weinheim: Beltz.

Lebeda, D. (2020): Beratung bei Pflegebedürftigkeit. Perspektiven für die klinische Sozialarbeit und Pflegeberatung im gesellschaftlichen Modernisierungsprozess. Dissertation. Hg. v. Univerität Bielefeld.

Nohl, A-M. (2005): Dokumentarische Interpretation narrativer Interviews. Bildungsforschung 2 (2005) 2, 19 S. In: Bildungsforschung 2.

Schütze, F. (1983): Biographieforschung und narratives Interview. In: Neue Praxis 13 (3), S. 283–293.

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