Artikel

  1. Hochschule Kempten
  2. Hochschule
  3. Aktuelles

09.08.2025

Silver Science: Von der Forschung ins politische Engagement

Ehemalige Co-Forschende veröffentlichen Positionspapier zur Digitalisierung im Alltagsleben älterer Menschen

Silver Scientists

Die ehrenamtlich agierende Kemptner Gruppe "Silver Scientists" hat kürzlich ein Positionspapier zum Thema "Digitalisierung im Alltagserleben älterer Menschen" verfasst und wird dieses am kommenden Montag, den 11.08.2025, auf der Kemptener Festwoche vorstellen. Ihren Anfang nahm die Gruppe in dem partizipativen Forschungsprojekt "SilverScience – Seniorische Sozialforschung", das im Jahr 2022 am IGG – Institut für Gesundheit und Generationen durchgeführt und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (jetzt: Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt) gefördert wurde. Hier führten die Seniorinnen und Senioren unter Anleitung ein eigenes sozialwissenschaftliches Projekt durch. Ziel war es, den Zwiespalt zwischen digitalen Chancen, Zwängen und Herausforderungen im Alltag von Menschen über 65 Jahren zu erforschen. 

Citizen Science im Projekt SilverScience
"Ich erinnere mich noch gut an die allererste Sitzung: Wir saßen mit Anna und Eva zusammen, die einen Förderantrag formuliert hatten", erinnert sich Christine Buschbeck von den Silver Scientists. "Sie haben uns gebeten, mal drüberzuschauen. Wir haben unseren Beitrag getan und am Ende hat es auch funktioniert. Sie haben den Zuschlag bekommen und daraus ist alles Weitere entstanden".

Der Antrag, auf den sich Christine Buschbeck bezieht, hatten die späteren Projektleiterinnen Anna Westbrock und Eva Konrad vom IGG ausgearbeitet, um ihn beim Hochschulwettbewerb "Mitforschen erwünscht!" im "Wissenschaftsjahr 2022 – Nachgefragt" einzureichen. Der Antrag war erfolgreich – das Projekt konnte starten. Der Wettbewerb zielt auf "Citizen Science"-Projekte ab, also jene, bei denen Bürgerinnen und Bürger aktiv in wissenschaftliche Forschungsprozesse eingebunden werden. Im Fall von SilverScience wurden gezielt Seniorinnen und Senioren rekrutiert, die als Co-Forschende ein Projekt zum Thema Digitalisierung und Alter konzipiert und durchgeführt haben.

SilverScience: Wie geht Sozialforschung?
Während der Projektlaufzeit, die über das gesamte Jahr 2022 lief, lernten die Co-Forschenden erste Grundlagen der empirischen Sozialforschung, unter anderem den Unterschied zwischen quallitativer und quantitativer Forschung. Außerdem nahmen sie an Workshops zu wissenschaftlichen Methoden teil. Mit Unterstützung erarbeitete die Gruppe zwei Forschungsfragen, die mit der partizipativen Methode "World Café" mit anderen älteren Menschen beantwortet wurden. Die Ergebnisse wurden in einer Abschlussveranstaltung öffentlich präsentiert" 

Teilnehmerin Bertel Ludwig erzählt: "Im Rahmen des Projektes haben wir Umfragen durchgeführt. Dadurch wurde uns klar, wie breit und vielfältig das Problem der Digitalisierung ist". Das Interesse der Teilnehmenden an der Digitalisierung im Alter war durch das Projekt nachhaltig geweckt und blieb ihnen auch nach Ende des Projekts als Steckenpferd. 

Folgeprojekt am BZPD 
Nach Abschluss des Projekts SilverScience beteiligte sich ein Teil der Co-Forschenden an einem weiteren Forschungsprojekt der Hochschule. In einem Projekt namens "I³NTENSIV Digital Fit", durchgeführt am BZPD – Bayerisches Zentrum Pflege Digital, unterstützten die Silver Scientists bei der Entwicklung eines Bildungskonzepts zur Medien- und Digital-Kompetenz für ältere Menschen. Im Rahmen dieses Projektes wurden sie zu "LernProzess-Coaches" weitergebildet und zertifiziert. 

Inhalte des Positionspapiers 
Die Silver Scientists integrierten die Ergebnisse der Forschungsprojekte in ein Positionspapier. Silver Scientist Lothar Köster erklärt: "Das Positionspapier ist eigentlich ein Resumee der Arbeit in den Projekten. Wir haben unser Thema gefunden. Und das vor einem wissenschaftlichen Hintergrund." Anna Westbrock an, Leiterin des ersten Projekts SilverScience füt hinzu: "Man erkennt den kompletten Entwicklungsweg der Silver Scientists, von den ersten Ergebnissen aus dem World Café bis hin zum fertigen Positionspapier".

Mit dem Positionspapier soll eine gesellschaftliche Debatte angestoßen werden, wie ältere Menschen besser in die digitale Welt integriert werden können. Diese sollten an einen selbstbewussten und kritischen Umgang mit dem Thema herangeführt werden. Gleichzeitig solle in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft ein Bewusstsein für die digitale Teilhabe von älteren Menschen geschaffen werden. Neben der Digitalisierung sollten analoge Formate weiterhin bestehen bleiben, um Benachteiligungen zu vermeiden. 

Es werden sowohl Problemfelder als auch konkrete Lösungsansätze und Maßnahmen vorgestellt. Darunter zum Beispiel die Schaffung wohnortnaher Bildungsangebote.

Dazu führt Silver Scientist Michael Neumann aus: "Mit zunehmenden Alter wird man nicht unbedingt mobiler aber Mobilität ist nötig, um Bildungseinrichtungen zu erreichen. Deshalb braucht es lokale, ehrenamtliche Unterstützungsangebote. Die Kommunen sollten über Gemeinden und Seniorenbeauftragte Ehrenamtliche rekrutieren, die vor Ort digitale Bildung vermitteln.

Zu dem vollständigen Positionspapier: kempten.de/epaper/epaper-Positionspapier_SilverSci/epaper/ausgabe.pdf 

Über die Silver Scientists   
Der harte Kern der Co-Forschenden aus dem ersten Forschungsprojekt hat sich zu einer eigenständigen Gruppe formiert, die aus sieben engagierten Personen besteht: Christine Buschbeck, Lothar Köster, Bertel Ludwig, Johannes Messe, Michael Neumann, Reinhard Schafft, Irmgard Weidmann. Sie treffen sich in einem 14-tägigen Rhythmus im Kemptner Altstadthaus, um über die Projektergebnisse hinaus am Thema Digitalisierung und Alter weiterzuarbeiten. Der Hochschule sind sie nach wie vor verbunden und beteiligen sich an weiteren Vorhaben, zum Beispiel im kürzlich gestarteten Projekt "PIO – Oberallgäu" oder am AAL Living Lab. 

Über das IGG
Das IGG – Institut für Gesundheit und Generationen der Hochschule Kempten widmet sich der interdisziplinären Forschung in den Bereichen Gesundheitsförderung und Prävention sowie Versorgung im Alter und hat sich dabei zum Ziel gesetzt, Praxis, Lehre und Forschung miteinander zu verbinden. 

Über das BZPD 
Das BZPD  – Bayerisches Zentrum Pflege Digital der Hochschule Kempten ist eine anwendungsorientierte, interdisziplinäre Forschungseinrichtung an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis. Seine Hauptaufgaben umfassen die Begleitung, Konzeptionierung und Evaluation innovativer digitaler Technologien, die zur Entlastung der pflegenden Akteure in der privaten Häuslichkeit beitragen.

Foto: Fünf der sieben Silver Scientists. V.l.n.r.: Reinhard Schafft, Michael Neumann, Lothar Köster, Christine Buschbeck, Bertel Ludwig (sitzend).
Bildnachweis: Charlotte Nate / Hochschule Kempten  

Zurück